Hinter vorgehaltener Hand raunte man sich bereits nach Einführung des VW Corrado G60 im Herbst 1988 zu: Der Corrado hat nicht immer die versprochenen 160 PS aus dem 1,8 l Hubraum, es könnten auch mal 10% weniger sein. Dazu kamen angeblich immer noch recht häufig Schäden am mechanisch angetriebenen G-Lader und Brummgeräusche des schneckenförmigen Luftverdichters. Doch es sprachen durchaus auch wohlbegründete sachliche Argumente für das Prinzip G. Eine Literleistung von 90 PS/l und ein Drehmoment von 225 Nm bewiesen eindeutig die technischen Potenzen der mechanischen Aufladung.
Dies brachte die gesamte damalige Tuningszene dazu, sich auf den sportlichsten VW aller Zeiten zu stürzen. Zum Glück ging aber der Trend weg vom Brutalo-Image hin zu dezent verbreiterten und tiefergezogenen Karossen. Der von TRESER in Ingolstadt veredelte Corrado war ein leuchtendes Beispiel für diesen erfreulichen Sinneswandel.
Zwar erkannte der Fachmann auf Anhieb die wuchtige Front-Spoilerstoßstange unter dem TRESER-typischen Kühlergrill mit der „1“, doch die Corrado-Linie war erhalten geblieben. Die ebenfalls neue Heckschürze mit einem sogenannten Unterflügel sollte für noch mehr Abtrieb bei sehr hohen Geschwindigkeiten sorgen. Für das Design zeichnete der von der Deutschen Bahn kommende Fredy Fröb verantwortlich. Auf der Motorshow 1989 in Bologna war das italienische Publikum vom schicken Design der beiden präsentierten TRESER Corrados hellauf begeistert. Natürlich passten die neuen Dreispeichenfelgen in 7 Zoll Breite und 15 Zoll Größe (ET 32) mit einer Bereifung von 205/50 ZR 15 Reifen voll in den Trend. Damit sich das extrovertierte Räderwerk kollisionsfrei in den ohnehin aufgeweiteten Radhäusern auf- und abbewegen konnten, wurde das Fahrwerk mithilfe geänderter Federbeine an der Vorder- und der Hinterachse mit Fichtel & Sachs um moderate 30 mm tiefergelegt.
Um die zusätzliche Kraft mobil zu machen, griffen die Ingolstädter nach guter alter Tuner-Sitte heftig ins Innenleben des Vierzylinders ein. So musste sich der Zylinderkopf einer klassischen Überarbeitung unterziehen. Ein- und Auslasskanäle wurden bearbeitet und geglättet, zudem kamen Auslassventile mit 35 mm statt 32 mm Durchmesser anstelle der Serienteile zum Einsatz. Eine Nockenwelle mit 280° Steuerzeit sowie die Verdichtungserhöhung durch Abplanen des Zylinderkopfes von 10,0:1 auf 9,0:1. Wie üblich erhöhte auch TRESER den Ladedruck des G-Laders durch Änderung des Laderrades moderat auf 0,8 bar und passte die elektronische Steuerung der Digifant- Einspritz- und Zündanlage an. Das Drehmoment des Motors war durch die umfangreichen Maßnahmen auf 260 Nm angestiegen.
Darüber hinaus widmete man sich in Oberbayern intensiv der Ladeluftkühlung. Anstelle der Luft-Luft-Serienanlage verwendeten die TRESER-Mannen einen flüssigkeitsdurchströmten Kühler, der eindrucksvoll oben links im Motorraum sitzt. Die kurzen Leitungswege zum Motor sollen das Ansprechverhalten wesentlich verbessern. Der Aufwand dafür war allerdings sehr groß, eine Wasserpumpe plus einem zusätzlichen Wasserkühler (aus dem AUDI-Regal) gehörten zum TRESER-System.
So gerüstet wurden von TRESER zunächst 210 PS oder 155 kW bei 6.200/min als Leistung genannt, mussten diesen Spitzenwert jedoch nach TÜV-Messungen auf 195 PS/143 kW nach unten korrigieren. Ohne jedoch am Motor nochmals etwas zu ändern. Die Sprint-Übung von 0 auf 100 km/h erledigte der TRESER in 7,5 s gegenüber 9,3 s bei der Serie. Die Höchstgeschwindigkeit des serienmäßig mit einem Keramik-Kat versehenen Fahrzeugs lag bei 240 km/h gegenüber 225 km/h.
TRESER sorgte auch für ein nobles Interieur. Je nach Geschmack gab es neben Leder-Applikationen ein entsprechendes Sportlenkrad und einen Holz-Schaltknauf. Markant waren die ebenfalls orderbaren schwarzen Rückleuten mit dem TRESER-Schriftzug.
Alles in Allem war die Umrüstung des Corrados ein teures Vergnügen. Das Motortuning schlug 1990 mit 11.913 DM, das Sportfahrwerk mit 1.805 DM, die Räder und Reifen mit 2.062 DM, der Karosseriebausatz mit 4.257 DM, die schwarzen Rückleuchten mit 667 DM, die Nebelscheinwerfer und Blinker (ebenfalls aus dem AUDI-Regal) mit 445 DM, das Sportlenkrad mit 353 DM und der Schaltknauf mit 68 DM zu Buche. Der Preis des Lederinterieurs wurde nur auf Anfrage genannt. Somit lag der Preis für den TRESER VW Corrado G60 ohne Lederausstattung bei ca. 60.971 DM!